Mittwoch, 4. April 2012

NABU Newsletter

Berlin, 04. April 2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

kein Aprilscherz: Für das Gelingen der Energiewende wäre eine maßvolle Weitergabe der beeindruckenden Kostensenkung bei der Photovoltaik ein vernünftiges Signal gewesen. Doch die Bundesregierung bremst mit ihren jüngsten Beschlüssen zur Solarförderung den weiteren Ausbau der Photovoltaik genau jetzt aus, wo diese Technologie konkurrenzfähig günstig wird. Sonnen- und Windstrom verdrängen von Jahr zu Jahr massiver die klimaschädliche fossile Energieerzeugung vom Markt. Die finanziellen Einbußen der großen Energiekonzerne und das öffentliche Klagen über die durch Wind und Sonne gesunkenen Börsenpreise für Strom scheint bei Schwarz-Gelb Früchte getragen zu haben. Dennoch sind bis 2020 mindestens zehn Prozent Solarstrom in Deutschland machbar, wenn die jetzt angekündigte Ausweitung der Förderprogramme zur Stromspeicherung genau auf dieses Ziel ausgerichtet wird.

Intelligenter Klima- und Ressourcenschutz sieht anders aus, wie auch eine aktuelle NABU-Studie zeigt: Die Regeneration von Mooren und die Förderung angepasster Bewirtschaftungssysteme bieten im Bereich der Landnutzung den wirkungsvollsten Hebel. Doch der zunehmende Energiepflanzenanbau gerade auf diesen Flächen verursacht stattdessen steigende Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft. Wenn wir einen effektiven Umwelt- und Naturschutz fördern wollen, müssen wir das europäische Umweltrecht und dessen Umsetzung in den Mitgliedsstaaten stärken. Diese Debatte führen wir gerade in Brüssel im Rahmen der Aufstellung eines neuen EU-Umweltaktionsprogramms.

Wir wünschen Ihnen wie immer eine anregende Lektüre.

Mit freundlichen Grüßen
Leif Miller
NABU-Bundesgeschäftsführer

Inhalt

1. NABU-Studie "Klimaschutz natürlich!": Stärkerer Schutz von Mooren notwendig
2. Novelle des Baugesetzbuches: Mehr Innenentwicklung statt mehr Flächenverbrauch?
3. Neues Umweltaktionsprogramm der EU: Fokus muss auf besserer Umsetzung liegen
4. Dinosaurier des Jahres 2011: AIDA-Chef nimmt NABU-Anti-Umweltpreis entgegen


Aktuelle Terminhinweise

Zukunft der Industriegesellschaft in NRW - NABU-Regionalkonferenz am 24. April 2012 in Düsseldorf
Programm und Anmeldung

Zwanzig Jahre, zwanzig Prozent - wie weiter mit Natura 2000? - NABU-Veranstaltung am 21. Mai 2012, Berlin
Programm und Anmeldung

Planlos in die Energiewende? Wie gehen wir mit den Auswirkungen auf Natur und Landschaft um? - NABU-Fachforum am 6. Juni 2012, Woche der Umwelt beim Bundespräsidenten, Berlin
Programm Anmeldung


1. NABU-Studie "Klimaschutz natürlich!": Stärkerer Schutz von Mooren notwendig

Die Trockenlegung und intensive Nutzung von Moorlandschaften hat nicht nur einen Verlust von wertvollen Lebensräumen zur Folge, auch werden Jahr für Jahr enorme Mengen an klimaschädlichen Gasen in die Atmosphäre freigesetzt. Wie die aktuelle NABU-Studie "Klimaschutz natürlich!" zeigt, sind entwässerte Moore außerhalb des Energiesektors die größte Einzelquelle von Treibhausgasen in Deutschland. Das sind fünf Prozent der Gesamtemissionen oder in Zahlen bis zu 45 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid pro Jahr. Die Ursache: Moore speichern über die Jahrtausende ihrer Entstehung riesige Mengen an Kohlenstoff. Werden sie entwässert, reagiert dieser mit Sauerstoff und entweicht als Kohlendioxid innerhalb kürzester Zeit in die Atmosphäre.

Der NABU sieht Bund und Länder in der Pflicht, sich stärker im Moorschutz zu engagieren. Denn statt effektiven Natur- und Klimaschutz zu fördern, geschieht in Deutschland derzeit das Gegenteil. Insbesondere der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz massiv ausgeweitete Anbau von Energiepflanzen zur Biogaserzeugung hat katastrophale Auswirkungen auf viele Moorgebiete. Richtig paradox wird es, wenn aus Gründen des Klimaschutzes Feuchtgrünland umgebrochen und in Maiswüsten umgewandelt werden. Dies heizt unserem Klima richtig ein. Aus Sicht des NABU müssen daher die Subventionierungen des Maisanbaus zur Biogaserzeugung gestrichen werden.

Die NABU-Studie "Klimaschutz natürlich!" zeigt deutlich, dass die Regeneration von Mooren und die Förderung angepasster Bewirtschaftungssysteme starke Instrumente zur Minderung der Treibhausgasemissionen in Deutschland sind.

Mehr zum Thema

Intensive Landwirtschaft heizt unserem Klima ein

2. Novelle des Baugesetzbuches: Mehr Innenentwicklung statt mehr Flächenverbrauch?

Der Flächenverbrauch in Deutschland hält ungebremst an - jeden Tag werden bundesweit knapp 90 Hektar Natur und Landschaft für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genommen. Die Bundesregierung strebt an, den Landschaftsverbrauch zu verringern: Ziel ist eine Reduzierung bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar am Tag. Um dieses Ziel zu erreichen, soll auf der einen Seite die Neuinanspruchnahme des Landschaftsraumes erschwert und auf der anderen das Ausschöpfen der Bebauungsmöglichkeiten in den bestehenden Siedlungen erleichtert werden. Dieses Ziel "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" soll durch die Novelle deutlicher als bisher im Baugesetzbuch (BauGB) verankert werden.

Hierzu gibt es im vorliegenden Referentenentwurf auch positive Ansätze, die nach Auffassung des NABU aber noch eindeutiger gefasst werden sollten. Die geplanten Regelungen werden zudem wirkungslos bleiben, wenn die dafür benötigten Analysen durch die Städte und Gemeinden gar nicht finanziert werden können. Dies gilt zum Beispiel für die Ermittlung von Potenzialen der Innenentwicklung. Der NABU sieht die Bundesregierung an dieser Stelle in der Pflicht, die Finanzierung sicher zu stellen.

Mehr zum Thema

NABU-Stellungnahme zum Entwurf der BauGB-Novelle
Das 30-Hektar-Ziel: Reduzierung der Flächeninanspruchnahme

3. Neues Umweltaktionsprogramm der EU: Fokus muss auf besserer Umsetzung liegen

In wohl keinem Rechtsbereich der Europäischen Union kommen die Mitgliedstaaten so nachlässig und zögerlich den von ihnen selbst beschlossenen Verpflichtungen nach wie im Umweltbereich. Dies gilt nicht nur für die absoluten "basics" eines vorsorgenden Umwelt- und Ressourcenschutzes: zum Beispiel die Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung (1985) oder zur Umsetzung der Aarhus-Konvention im Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung (1998). Auch die beiden Grundpfeiler zur Erreichung der von den europäischen Staatschefs im März 2010 beschlossenen Biodiversitätsziele - die Vogelschutzrichtlinie (1979) und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (1992) - werden nach wie vor unzureichend umgesetzt.

Mit dem neuen, mittlerweile 7. Umweltaktionsprogramm (UAP) der Europäischen Union soll diese Lücke nun endlich geschlossen werden. In seinem entsprechenden Bericht fordert das Europäische Parlament daher die Europäische Kommission auf, ihre Rolle als "Wächterin der Verträge" stärker wahrzunehmen: So soll im Entwurf für das 7. UAP die Einrichtung eines Umweltinspektionsdienstes und entsprechender Kapazitäten geprüft und ein entsprechender Richtlinien-Vorschlag vorgelegt werden. Als ersten Schritt hat die Kommission am 7. März 2012 eine Mitteilung mit konkreten Vorschlägen für eine bessere Information über Umweltmaßnahmen der EU, die Schließung von Lücken bei Umweltinformationssystemen, die Verbesserung der Inspektion und Überwachung der Umsetzung sowie des Umgangs mit Beschwerden und des Zugangs zu Gerichten vorgelegt. Für das 7. UAP wurde eine öffentliche Konsultation gestartet, in der jeder Bürger Europas aber auch die Experten und Praktiker des Umwelt- und Naturschutzes in Deutschland bis zum 1. Juni 2012 ihre Vorstellungen und Forderungen äußern können.

Mehr zum Thema

Die Mitteilung der EU-Kommission vom 7. März (auch auf Deutsch verfügbar)
Die öffentliche Konsultation zum 7. EU-Umweltaktionsprogramm

4. Dinosaurier des Jahres 2011: AIDA-Chef nimmt NABU-Anti-Umweltpreis entgegen

Seltener Besuch in der Bundesgeschäftsstelle des NABU: Am 21. März nahm eine kleine Delegation des Kreuzschifffahrt-Anbieters AIDA Cruises um Präsident Michael Thamm in Berlin den Negativumweltpreis "Dinosaurier des Jahres" von NABU-Präsident Olaf Tschimpke entgegen. Ende Dezember 2011 hatte der NABU den Preis stellvertretend für die gesamte Branche an die beiden Unternehmen AIDA Cruises und TUI Cruises vergeben. Im Gegensatz zu AIDA-Chef Thamm lehnte TUI-Chef Richard J. Vogel eine persönliche Übergabe des Preises ab. Bei der Übergabe mahnte NABU-Präsident Olaf Tschimpke noch einmal die Dringlichkeit eines vollständigen Verzichts auf Schweröl als Treibstoff sowie den Einbau moderner Abgastechnik auf den Schiffen an. Damit könnte der Ausstoß von umwelt- und gesundheitsschädlichen Abgasen wie Stickoxid und Rußpartikeln drastisch gesenkt werden.

Kreuzfahrtreedereien werben mit erholsamen Fahrten in die unberührte Natur und stehen deshalb besonders in der Pflicht, für den Schutz von Umwelt und Gesundheit aktiv zu werden - zudem die Umstellung auf einen saubereren Treibstoff sofort möglich ist und die erforderliche Technik von Rußpartikelfiltern bereits zur Verfügung steht. Aber anstatt endlich entsprechende Investitionen zu tätigen und saubereren Treibstoff zu tanken, geben die Reeder das Geld lieber für zusätzliche Freizeitangebote an Bord, wie Casinos oder mehrgeschossige Wasserrutschen aus.

Mehr zum Thema

Mir stinkt's! Kampagne für eine saubere Kreuzschifffahrt
Von wegen Traumschiff! NABU vergibt Dinosaurier des Jahres 2011


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